Polnische Aspekte in Wikileaks: Das Raketenschild und der Krieg in Georgien
von Malgorzata GruntkowskiAuch in Polen sorgt das Portal Wikileaks für Schlagzeilen. Schließlich sind die USA ein sehr wichtiger strategischer Partner und Verbündete des Landes. Und wie vielleicht zu erwarten war, tauchten auf der Enthüllungsplattform auch zwei Themen, die Polen betreffen, auf: das Raketenabwehrschild und der Krieg vom August 2008 in Georgien.
Der damalige polnische Staatspräsident Lech Kaczyński zeichnete sich durch sein besonderes Engagement für die Sache des kleinen kaukasischen Landes aus. Sein nächtlicher Besuch in Tbilissi ging nicht nur durch polnische Medien (nach dem Flugzeugabsturz bei Smolensk wurde nach ihm eine Straße in Tbilissi und nach ihm und seiner Gattin eine in Batumi benannt). Dank Wikileaks weiß man jetzt, wie all das von den Amerikanern bewertet wurde. In einer Depesche vom August 2008 aus der Botschaft in Warschau nach Washington ist zu lesen, dass Polen eine überraschend starke Führung während des Konflikts übernahm – Lech Kaczyński habe die regionalen Demonstrationen der Unterstützung für Georgien koordiniert. Es wird auch darauf hingewiesen, dass der Standpunkt des Präsidenten, den Einfluss des Krieges auf den Bau des Raketenabwehrschildes betreffend, sich von dem des Außenministers Sikorski unterschied. Außerdem konnte Russland erfahren, was der damalige Oberbefehlshaber polnischer Streitkräfte Franciszek Gągor (leitete die Uno-Überwachungsmission in Irak und Kuwait, verfehlte knapp in der zweiten Wahlrunde den Posten des Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses, ebenfalls bei Smolensk verunglückt) von dem Kaukasuskonflikt hielt. Bekannt geworden ist nämlich auch eine, als geheim eingestufte, Depesche über ein Treffen Gągors mit dem amerikanischen Verteidigungsattache ein paar Tage nach Kriegsausbruch. Gągor solle sich kritisch über den georgischen Führer geäußert haben, dieser habe sich von Russland provozieren lassen und wurde von russischen Agenten manipuliert. Georgien habe Polen um Flugabwehr- und Panzerabwehrraketen gebeten, das jedoch machte seine Zusage von der logistischen Unterstützung (Hilfe beim Transport) der USA abhängig.
Äußerungen darüber, dass die Amerikaner von ihren Plänen ein Raketenschild in Polen und Tschechien zu bauen abgesehen haben, um die Stimme Russlands für die Sanktionen gegen den Iran zu gewinnen, werden wohl niemanden überrascht haben.
Der amerikanische Botschafter in Polen drückte sein Bedauern darüber aus, dass Dokumente, die geheim sein sollten, publik gemacht wurden.
Über die Autorin dieses Artikels
Malgorzata Gruntkowski ist gebürtige Polin und lebt seit mehreren Jahren in Deutschland. Sie hat Germanistik in Breslau studiert und betreibt nun ein eigenes Übersetzungsbüro für die Sprachen deusch, polnisch und russisch: www.gruntkowski.com
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