Polen schreibt seinen eigenen Bericht über die Flugzeugkatastrophe von Smolensk
von Malgorzata GruntkowskiDie Aufarbeitung der Katastrophe von Smolensk dauert weiterhin an. Polen wird nun seinen eigenen Bericht schreiben, nachdem in dem offiziellen russischen Bericht Unstimmigkeiten aufgetreten sind.
Null Verschwörungstheorien, dafür Telefonate nach Moskau und einige furchtbare Fehler auf beiden Seiten – hieß es prosaisch und unspektakulär in den polnischen Nachrichten am 28.12.2010. Keiner der polnischen Experten, die sich mit dem Flugzeugunglück beschäftigen, verfügt diesbezüglich über so ein breites Wissen wie der bei der russischen Untersuchungskommission MAK akkreditierte Edmund Klich, Chef der polnischen Behörde zur Ermittlung von Flugzeugunglücken und Autor polnischer Einwände zum russischen Bericht. Und derer gibt es nicht gerade wenig. Bereits 150 Seiten polnischer Anmerkungen zum offiziell immer noch geschützten Inhalt der russischen Schlussfolgerungen aus der Tu-154-Katastrophe wurden geschrieben. Klich: „Wir schreiben unseren eigenen Bericht“. Dieser ist bereits im Entstehen. In Polen ist eine Kommission mit dem Chef des Ministeriums des Innern und der Verwaltung (MSWiA) an der Spitze tätig. Es werden zwei Untersuchungsverfahren geführt – eines, das sich auf das Chicagoer Abkommen stützt, und eines welches das polnische Recht zugrunde hat. Das Protokoll der Abweichungen mit dem russischen Bericht sei lang.
Laut Klichs Bericht habe man in den letzten Minuten und Sekunden vor dem Absturz versucht, sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben, die Verantwortung für die Entscheidung über eine Landung des Tupolew oder deren Verbot. Es habe Panik im Kontrollturm und Druck im Cockpit gegeben. Die Fluglotsen sollen die Zentrale in Moskau kontaktiert haben. Im russischen Bericht fehlen die Aufzeichnungen dieser Gespräche. Wenn dies im Bericht nicht enthalten sei, so wieder Klich, dann wäre dieser lückenhaft. Eine der Hindernisse, wenn nicht gar Mitursache der Katastrophe waren Verständigungsprobleme. Die auf Russisch erteilten Kommandos wurden von der polnischen Besatzung falsch interpretiert und verstanden. Außerdem zu erwähnen: das Fehlen von Prozeduren und deren kategorischer Einhaltung, fehlerhafte Entscheidungen der Vorgesetzten. Edmund Klich: „Ich sage nie, es war ein Pilotenfehler – die Piloten sind so gut, wie gut sie geschult werden“. Im polnischen Bericht wird man auf die Fehler in der Ausbildung der Besatzung hinweisen – dieser soll nicht nur die Ursachen des Absturzes benennen, sondern auch Schlussfolgerungen für die Zukunft enthalten.
Über die Autorin dieses Artikels
Malgorzata Gruntkowski ist gebürtige Polin und lebt seit mehreren Jahren in Deutschland. Sie hat Germanistik in Breslau studiert und betreibt nun ein eigenes Übersetzungsbüro für die Sprachen deusch, polnisch und russisch: www.gruntkowski.com
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