Katyn vor dem Gerichtshof in Straßburg - im Oktober ist es soweit
von Malgorzata GruntkowskiDer Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat – entgegen dem Standpunkt Russlands – entschieden, die Klage der „Katyner Familien“ (einer Angehörigengemeinschaft der Opfer von Katyn), die eine Rehabilitation ihrer im Wald von Katyn erschossenen Vorfahren fordert, doch zu prüfen, genauer: Zwei Klagen wurden für zulässig erklärt. Die Verhandlung ist für Anfang Oktober geplant.
Das Massaker von Katyn, einer der schwierigsten Momente der polnisch-russischen Geschichte und in der Volksrepublik Polen bis 1989 ein absolutes Tabuthema, ist seit der Wende zu einem der häufigst öffentlich diskutierten Ereignissen der neueren polnischen Geschichte geworden. Erst recht nach dem Flugzeugabsturz (Ziel – Gedenkfeier für die Opfer des Massakers von Frühjahr 1940) bei Smolensk vom 10. April des vergangenen Jahres.
Einer der Insassen des verunglückten Tu-154 war Andrzej Sariusz-Skąpski, der Vorsitzende der Föderation der Katyner Familien (und Sohn eines der Opfer – des Staatsanwalts Bolesław Skąpski). Seine Tochter, Nachfolgerin ihres Vaters als Vorsitzende der Föderation der Katyner Familien, Izabella Sariusz-Skąpska äußerte sich dazu:„Diese Entscheidung des Gerichtshofes ist ein Hinweis darauf, dass die Regulierung der Sache Katyn keine polnischen Flausen sind“, so der genaue Wortlaut. „Endlich kommt es dazu, dass die Russen sich auf irgendwelche Weise werden verneigen müssen, dass so etwas geschehen ist“, meinte die Tochter eines in Katyn ermordeten polnischen Offiziers (die Gesamtzahl der von den NKWD-Funktionären hingerichteten Kriegsgefangenen beläuft sich auf ca. 22.000, darunter waren etwa 15.000 Offiziere).
Ruhig und ausgewogen dafür die Worte des polnischen Vizeaußenministers Maciej Szpunar, es werde eine öffentliche Verhandlung sein. Die polnische Regierung tritt in diesem Verfahren als dritte Partei auf, die eine die Kläger unterstützende Dokumentation vorstellen wird. Für die Verwandten der Katyn-Opfer bleibt es jetzt „einfach“ abzuwarten.
Über die Autorin dieses Artikels

Malgorzata Gruntkowski ist gebürtige Polin und lebt seit mehreren Jahren in Deutschland. Sie hat Germanistik in Breslau studiert und betreibt nun ein eigenes Übersetzungsbüro für die Sprachen deusch, polnisch und russisch: www.gruntkowski.com
Diesen Artikel kommentieren