Andrzej Lepper ist tot
von Malgorzata GruntkowskiEine der kontroversesten Persönlichkeiten der polnischen Politikszene, der Führer der Bauernpartei Samoobrona, Andrzej Lepper ist tot. Er hat sich am 5. August in seinem Parteibüro erhängt.
Andrzej Lepper, der langjährige (bis zu seinem Tod) Vorsitzende der populistischen Partei Samoobrona (Selbstverteidigung), wurde am Freitag, dem 05.08. gegen 17.00 von einem Familienmitglied im Parteibüro in Warschau tot aufgefunden. Alles deutete auf ein Selbstmord durch Erhängen hin, was gegen 21.00 bestätigt wurde. Es wurde kein Abschiedsbrief hinterlassen. Die Mitarbeiter des Büros der Samoobrona sowie die Personen, die mit ihrem Chef Kontakt hatten, wurden vernommen. Am Montag dem 08.08. hat man eine diesbezügliche Untersuchung eingeleitet, die von der Warschauer Appellationsstaatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft überwacht wird. Nichts deutete auf eine Einwirkung Dritter, man will jedoch überprüfen, ob nicht jemand den 57-jährigen Politiker dazu bewegt hat, sich das Leben zu nehmen.
Über den Verstorbenen kann man so einiges sagen und schreiben. Seine Vita, nicht immer politisch korrekt, dafür interessant und immer für Gesprächsstoff gut. Auf der öffentlichen Szene Anfang der 90er Jahre aufgetaucht, später bis zum Landwirtschaftsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Polens in der Koalitionsregierung von Jarosław Kaczyński aufgestiegen. Gründete 1992 die Gewerkschaft Samoobrona, die später in die gleichnamige Partei umgewandelt wurde. Bekannt geworden durch Organisieren von Straßenblockaden und Aufrufe zum Nicht-Zurückzahlen aufgenommener Kredite. Zweimal wegen ungebührlichen Verhaltens gegenüber den Staatsorganen angeklagt und zweimal freigesprochen. Und … im Laufe der Jahre immer besser gekleidet. Mit einer weiß-roten Krawatte (die polnischen Nationalfarben) und einer nicht gerade natürlich anmutenden Bräunung. In die viel diskutierte Sexaffäre verwickelt (wegen sexueller Nötigung verurteilt, Berufung eingelegt). Mit nicht erwähnenswertem Erfolg, dafür aber unermüdlich 4 Mal (zuletzt mit 1,28%) für das Amt des Staatspräsidenten kandidiert.
„Das war für uns ein Schock“ - sagte sein Parteimitarbeiter Janusz Maksymiuk – „Noch gestern deutete nichts darauf hin, dass etwas Schlimmes passieren kann“. Die Partei PIS fordert in dieser Angelegenheit die Einberufung einer Sitzung der Sejm-Kommission für Gerechtigkeit und Menschenrechte.
Über die Autorin dieses Artikels
Malgorzata Gruntkowski ist gebürtige Polin und lebt seit mehreren Jahren in Deutschland. Sie hat Germanistik in Breslau studiert und betreibt nun ein eigenes Übersetzungsbüro für die Sprachen deusch, polnisch und russisch: www.gruntkowski.com
Diesen Artikel kommentieren