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 Betreff des Beitrags: Inkasso in Polen - Schuldeneintreibung leicht gemacht
BeitragVerfasst: Mo 6. Jul 2015, 14:58 
Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Polen haben in den letzten Jahren beachtlich zugenommen. Dies hat einen übermäßigen Anstieg der Rechtsstreitigkeiten zwischen beiden Seiten mit sich geführt, in erster Linie aufgrund von fehlender oder unrichtiger Zahlungen der Waren oder der Dienstleistungen. Mit dem vorligenden Informationsschreiben möchten wir einige Hinweise bezüglich dem polnischen System geben, mit deren Anwendung - aufgrund unserer anwaltlichen Erfahrung - das potenzielle Risiko vermindert wird den Rechtsweg eines Verfahrens zur Schuldeintreibung zu bestreiten, oder im Falle einer unausweichlichen Anrufung des Gerichts alle Voraussetzungen verfügt, damit das Verfahren die größtmögliche Effizienz hat.

1) GERICHTLICHE MAHNBESCHEIDE IN POLEN
Es ist grundlegend zu wissen, dass es in Polen zwei verschieden Arten von gerichtlichen Mahnbescheide gibt. Um es zu vereinfachen können wir einen als “schwachen” Mahnbescheid und den anderen als “starken” Mahnbescheid bezeichnen. Alles was in diesem Informationsschreiben verdeutlicht wird zielt darauf ab einen “starken” Mahnbescheid zu erhalten, der wie es der Name schon andeutet die Ansprüche des Gläubigers mehr schützt.

a) Der “starke” gerichtliche Mahnbescheid
Die Voraussetzungen für diese Art von Mahnbescheid:

ein Wechsel;
eine vom Schuldner unterschriebene Rechnung;
eine Aufforderung zur Erfüllung versehen mit einem Schuldanerkenntnis des Schuldners;
ein Vertrag versehen mit den nachweisenden Unterlagen der Warenaushändigung und der Rechnung.

Der “starke” Mahnbescheid wird durch die Hinterlegung der Klageschrift bei Gericht und ohne die Abhaltung einer Anhörung erlassen. Über der Bezahlung der Gerichtsgebühren von 1,25% des Streitwertes (statt 5%) hinaus gibt er außerdem die Möglichkeit sofortige Sicherungsmaßnahmen gegenüber dem Schuldenervermögen durchzuführen. Im Gegensatz dazu hat der Schuldner 14 Tage seit Bekanntmachung Zeit Einspruch zu erheben.

b) Der “schwache” gerichtliche Mahnbescheid

Für den Erhalt eines “schwachen” Mahnbescheids ist es zunächst notwendig 5% des Streitwertes (bis maximal 100.000 PLN – ca. 25.000 Euro) als Gerichtsgebühren zu zahlen. Im Gegensatz zum starken Mahnbescheid ist der schwache Mahnbescheid nicht sofort vollstreckbar und ein Widerspruch des Schuldners kann innerhalb von 14 Tagen seit Bekanntmachung erhoben werden.

c) Der telematische Prozess

Ab dem 1.1.2010 gibt es in der polnischen Rechtsordnung die Möglichkeit einen telematischen Prozess, mit zuständigem Richter in Lublin, zu führen. Diese Art von Prozess führt einen besonderen Vorteil mit sich: es ist nicht notwendig die Unterlagen dem Antrag beizufügen (und somit fällt auch im Falle von anderssprachigen Unterlagen eine eventuelle beeidete Übersetzung weg). Außerdem betragen die Gerichtsgebühren nur 1,25% des Streitwertes. Dieses Verfahren zielt nur auf die Erlangung eines “schwachen” gerichtlichen Mahnbescheides ab und im Falle eines Widerspruchs wird es dem tatsächlich zuständigen Richter weitergeleitet.
Unsere Anwaltskanzlei ist eine der wenigen Kanzleien in Polen, die den dazu benötigten Zertifikat besitzen, um einen telematischen Prozess durchzuführen.

2) DIE VOLLSTRECKUNG

Im polnischen System stellt sich die Figur des Gerichtsvollziehers mit einer völlig anderen Charakteristik dar, als wir es in Deutschland gewohnt sind: Der Gerichtsvollzieher in Polen ist ein Freiberufler und ist im zuständigen Berufsregister je nach Sitz und Tätigkeitsbereich eingeschrieben. Aus diesem Grund ist es notwendig für die Vollstreckung einen Spesenkonto zu begründen, um die Ermittlung, die Vollstreckung und die anschließende Veräußerung der Sachen des Schuldners durchzuführen. Die Angabe von Kontonummern, von beweglichen Sachen und von Immobilien des Schuldners ist eine sehr wichtige Hilfe in dieser Phase der Vollstreckung. Um die Vermögenslage des Schuldner zu erforschen gibt es entsprechende Agenturen, die die Recherchen und die Ermittlungen durchführen, um die Besitzverhältnisse festzustellen.

3) EUROPÄISCHER MAHNBESCHEID

Mit der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004, der einen europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen einführt, wurde ein einfacheres System zur Schuldeneintreibung innerhalb der Europäischen Union und somit auch in Polen geschaffen.
Der Antrag auf Bestätigung eines europäischen Vollstreckungstitels muss bei der Behörde, die die Maßnahme erlassen hat, gestellt werden. Nachdem man den Titel erhalten hat, kann man im Ausland ohne weitere Formalität mit der Vollstreckung beginnen. Allerdings hängt in Polen die Vollstreckung eines europäischen Titel von der Erlassung der Vollstreckungsklausel ab. Der Antrag auf Erlass dieser Klausel ist bei dem zuständigen Gericht zu erheben und sie wird in relativ kurzer Zeit erlassen (max. ein Monat).

Für weitere Informazionen oder im Bedarfsfall stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:

* * *

Marco Arena

Anwaltskanzlei Adw. Alfio Mancani Verantwortlicher des German Desk
E-mail: marco.arena@md-partners.pl


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